Diese
Sendung wurde für die NDR-Redaktion von Achim D. Möller produziert
und am 25. November 1988 gesendet.
Impressionen
aus Kanada
Einar
Schlereth
Digitalisiert
und unverändert (außer Tippfehler-Korrekturen) aufgelegt am: 25.
Dezember 2013.
Kanada
- das Land mit der sympathischen Flagge, rot weiß-rote Streifen und
ein Ahomblatt, vergänglich und ewig zugleich;
Kanada
- das Land der endlosen Wälder, der Tundren, der Schnee- und
Eiswüsten, wo Karibus, Elche, Wölfe und Bären sich tummeln;
Kanada
- das Land der zehntausend Seen, die voller Fische sind, wo Biber
ihre Dämme, Burgen und Kanäle bauen;
Kanada
- das Land der Wildwasser, das Paradies der Kanuten;
aber
auch das Land der Indianer, Inuit und Trapper; auch die Hoffnung von
Millionen Einwanderern und der Traum junger Kerle vom wilden
Holzfällerleben, bei bei dem man säckeweise Geld verdient, wie auch
ich einmal träumte.
Dieses
Kanada - gibt es das? Ja - und nein.
Ich
habe bei meinem Besuch im Sommer dieses Jahres im südlichen Ontario
ein anderes Kanada gesehen und erlebt, das mich in vielerlei Hinsicht
enttäuscht und bedrückt hat. Zuerst die allgegenwärtige
ökonomische Vorherrschaft der USA. Zu allem Überfluß will dann der
Ministerpräsident Mulroney, ein enger Freund Reagans, dem Land noch
ein Freihandelsabkommen mit dem Nachbarn aufzwingen, das er selbst
jahrelang erbittert bekämpft hat.
Die
überwiegende Mehrzahl der Kommentatoren befürchtet, daß solch ein
Abkommen dazu führen könne, den Zwerg Kanada im Schlund des
gefräßigen Riesen USA verschwinden zu lassen. Zum Vergleich: in
Kanada, das mit den USA eine gemeinsame, 5000 km lange Grenze hat,
leben ca. zehnmal weniger Menschen als in den USA, und das kanadische
Bruttonationalprodukt lag 1985 ungefähr dreizehnmal niedriger als
das US-amerikanische.
Dies
schreibt Michael Mundhenk, in Vancouver lebender langjähriger
Kanada-Kenner. Wenn Lateinamerika von den Amerikanern gerne als ihr
Hinterhof gesehen wird, dann Kanada gewissermaßen als ihr Vorgarten.