Novelle (Erstveröffentlichung)
Die
Erniedrigung
Einar
Schlereth
Du
brauchst gar nicht so zu rasen. Kommst doch zu spät. Rasen! Zum
Lachen! Mit meiner ollen Lambretta. 90 fuhr sie, wenn sie gut gelaunt
war. Endlich die Elbbrücken. Nach zehn Stunden Fahrt. Mir war, als
sei ich schon einmal im selben Moment, bei demselben Licht, bei
demselben Wetter hier entlang gefahren. Nur in einem anderen Leben,
einer anderen Zeit. Blödsinn! Du bist müde. Dies ist das erste Mal,
aber deine Knie sind aus Kautschuk und Kohldampf hast du auch.
Diese
Wolke, wie ein Elefant bei einer Zirkusnummer. Mit dem Arsch auf
einem Podest und den Rüssel trompetend in der Luft. Und der Michel
steht als Dompteur daneben. Paß jetzt auf, du Idiot. Wärst doch
beinahe auf den Hänger aufgefahren. Der hätte nicht einmal etwas
gemerkt. Und mir fiel die grauenvolle Geschichte ein von dem
Lastwagenfahrer, der einen Herzschlag bekam und sofort tot war, als
ihn ein Motorradfahrer ohne Kopf überholte.
Hauptbahnhof.
Zehn vor fünf. Na Ja, kannst du doch noch schaffen. Ist ja
unwahrscheinlich, jetzt noch einen Job zu bekommen. Aber man weiß
ja nie. Gut wäre es schon. Könnte ich morgen früh gleich anfangen.
Endlich der Bau aus gelbem Klinker. Das Studentenwerk. Abgestiegen
und erst einmal die Wand festgehalten. Die Beine sind wirklich aus
Kautschuk. Jetzt reiß' dich zusammen. Die Treppe hoch. Im
Aufenthaltsraum kein Schwein, nur kalter Rauch, Aschenbecher voller
Kippen, Papier und Dreck auf dem Boden und Brandlöcher von
ausgetretenen Zigaretten. Im Büro sitzt nur der alte M.: “Nö,
heute kann ich nichts mehr für dich tun. Aber schau mal draußen am
Brett." Der alte Sack. Bestimmt hat der was in der Schublade.
Hebt er auf für seine speziellen Freunde. Die alte Leier.Das
Brett! Als hätte da schon mal was Brauchbares gehangen! Na ja,
früher mal, als die Zeiten noch besser waren. Die Löcher von den
vielen Reißzwecken sind noch zu sehen. Aber jetzt! Ein paar
verlorene Zettel, schon ganz gelb und verknittert von all den
giftigen Blicken, die auf sie geworfen worden waren. Scheißjobs. Be-
und entladen in der Brauerei, einsfuffzig die Stunde. Große
Bierkisten schmeißen. Neun Stunden lang, aber mit Tempo. Nee, das
ist nicht jedermanns Geschmack. Dasselbe bei der Alstermilch. Kenn
ich. Damals mit José, der sich gleich in der ersten Stunde drei
Kakao reinzog und dann aufs Scheißhaus flitzte und nicht mehr
gesehen ward. Konnte mit seinem Dünnpfiff nachhause gehen, ohne Lohn
versteht sich. Und was haben wir da noch? Ach ja, Rasenmähen und
Teppichklopfen. Am Arsch der Welt. Zwei bis drei Stunden
Knochenarbeit Und noch einmal so viel Fahrzeit und die Hälfte der
Möpse geht fürs Fahrgeld drauf, wenn man es nicht rausschinden
kann. Und idiotische Bürojobs natürlich, für die der Portier zu
faul und der Chef zu blöd ist. Nee, danke.
Was für ein
Schwachsinn. Da fährst du einmal quer durch die Republik, um einen
anständigen Ferienjob zu ergattern und dann dies hier. Das hättest
du auch in Freiburg haben können. Unsinn. Nicht einmal so etwas gabs
dort. Die Stadt der pensionierten Beamten, der Generäle a.D., der
Professoren und Assistenten und Pfaffen. Und jetzt stehst du vor
diesem Brett. Was hast du hier nur zu suchen? Bist den ganzen Tag
gefahren wie ein Bekloppter, kaum eine Pause gemacht. Hättest du
besser den Bauch mal in die Sonne gehalten, die Nase von Blumen
kitzeln lassen und mit dem Zeh in einem Mauseloch gestochert. Bei
Kassel etwa, als die Sonne gerade durchkam. Aber nein, dafür
hast du keine Zeit gehabt. Aber jetzt hast du Zeit, um dieses Brett
zu beglotzen, Und das Brett wurde immer größer, dehnte sich nach
oben und unten, wölbte sich um mich herum, die Zettel wurden immer
kleiner, trotzdem konnte ich die Schrift lesen, aber nicht verstehen,
weil auf einmal ganz merkwürdige Zeichen daraufstanden, chinesische
oder griechische oder kyrillsche oder was weiß ich und ich strengte
mich an, sie zu entziffern, zu verstehen, als würde davon ein
Traumjob in Bangkok oder Honolulu abhängen, während ich schon von
Brettern umgeben und eingeschlossen war und ich plötzlich keine Luft
mehr bekam und meine Beine wieder ganz weich wurden und die
Augenlider so schwer.
Ich schaue auf und will gehen. Da treffe
ich auf den Blick eines Mädchens, das nur zwei Schritte neben mir
steht. Naja, eher schon eine junge frau. Ihr Kommen habe ich nicht
bemerkt. Offenbar hat sie mich schon eine Weile beobachtet. Sie
lächelt. "Entweder hast du einen Traumjob gefunden oder ..."
- "Was oder?"- "Oder du träumst immer am hellichten
Tag und dann wirst du niemals einen Job finden." -"Weder
noch. Aber sag' mal, ist das hier immer so beschissen?" Sie
verzog den Mund im Zweifel. "Nun, du mußt wirklich in aller
Frühe hier sein, dann kannst du schon was erwischen. Aber im großen
und ganzen steht es ziemlich schlecht." - "Hast du denn
was?" - "Nein." Sie lachte. Schöne Zähne, ein
schöner Mund und grau-grüne Augen, die mich verdammt kritisch
musterten. Auch etwas spöttisch. "Und was machen wir beide 'Vom
Schicksal Geschlagenen' jetzt? Ich jedenfalls habe einen verdammten
Hunger."
Wir fuhren zum 'Espresso', dem Treffpunkt in
Hamburgs Innenstadt gegenüber der neuen Oper. In dem Schlauch von
einem Lokal waren kleine Tischchen mit zwei Stühlen entlang dem
Fenster auf gereiht. So gemütlich wie ein Bahnhofsperron, nur nicht
so zugig. Und vor allem nicht spießig. Jazzkeller und italienische
Cafés waren die Kristallisationspunkte der unzufriedenen Jugend, wo
man wenigstens zeitweise dem 1000- jährigen Mief,
der in der Adenauer-Ära unter anderen Vorzeichen seine Fortsetzung
gefunden hatte, entkommen konnte. 0h ja, dieser Mief, der immer
dichter wurde und sich quasi in der neuen Oper gegenüber
materialisierte, deren Einweihung man nur mit einem Sprengsatz hätte
feiern können.
Ich setzte mich ihr gegenüber. Wo hätte ich
mich auch sonst hinsetzen sollen. Mich erstaunte die Sicherheit ihrer
Bewegungen und Gesten. Nichts von dem üblichen gespreizten und
gezierten Jungmädchengehabe. “She is a woman", dachte
ich.
Ich bestellte Spaghetti und sie einen Sandwich. Wir
tranken einen billigen Wein. Während ich mit den Spaghettis kämpfte,
erzählte ich von Freiburg, diesem Kaff, das nur durch die Umgebung,
die Weinstuben am Kaiserstuhl und seine Nähe zu Frankreich
erträglich war - diese verdammten Spaghettis, warum habe ich nichts
anderes bestellt - von der Jobsituation dort - jetzt baumeln sie mir
schon wieder um Nase und Kinn - von meiner Fahrt auf dem Motorroller
- wenn ich das Zeug nur endlich drunten hätte - und ich redete und
redete und mit einem manchmal spöttischen Lächeln hörte sie mir
zu.
Hörte sie mir überhaupt zu? Abrupt hörte ich auf zu
quatschen. “Du hörst mir überhaupt nicht zu.” - “Doch, doch",
sagte sie halbherzig und nahm meine Hand. “Ihr seid hoffnungslos,
ihr Männer. Ihr stellt euren Sprachapparat wie ein Maschinengewehr
auf und dann geht es los. Als müßtest du ein ganzes Früfungs-
kollegium
niedermähen. Dabei sitzt doch nur eine Frau vor dir.” Ich mußte
über ihren gelungenen Vergleich lachen. "Ihr Frauen seid auch
hoffnungslos. Wenn man schweigt, dann heißt es 'Ha los, erzähl doch
was, sitz nicht herum wie ein Klotz. Mein Gott, bist du langweilig.
Ist es nicht so?" - "Nun, man muß halt in den richtigen
Momenten schweigen und in den richtigen Momenten reden."
Triumphierend schaute sie mich an.
"Ja, da hast du wohl
Recht. Aber wer kann das schon? Ich glaube, das zu lernen, ist
verdammt schwierig. Das ist wie mit der richtigen, schlagfertigen
Antwort, die einem auch immer erst hinterher einfällt."
Ich
hielt immer noch ihre Hand in meiner. Eine schöne, kräftige Hand.
Die Finger meiner Rechten glitten über die blonden Härchen ihres
Unterarms. Ich schaute ihrem aufregenden Spiel zu - wie sie sich
aufstellten, wieder legten, wie eine leichte Gänsehaut entstand und
wieder ging. Sie schaute zu und lächelte. Die Zeichnung ihrer Lippen
geriet in Bewegung, die Linien flossen ineinander, bildeten Wirbel
und Wellen und waren wieder da wie zuvor. Mit dem Finger zeichnete
ich die Form ihrer Lippen nach. Ich sah in ihre Augen aus Grau und
Grün und Gold und Gelb. Ganz obenauf schwamm das Verlangen. Aber
gleich dahinter dehnte sich die Unendlichkeit des Alls, die tiefe,
schwarze Unendlichkeit des Alls, wo nur alle Jahrmillionen mal ein
Stern aufblitzte. Aber vielleicht waren es ja die goldenen Punkte
ihrer Pupillen? Langsam, beglückend langsam neigten wir einander zu
und küßten uns.
Es wurde ein endloser Spaziergang. Hinunter
zur Alster, am Ufer entlang unter tausend Umarmungen und Küssen. Die
Knie wurden weich und weicher, daß wir hätten hinsinken mögen,
wäre da nur ein Bett gewesen - oder Menschenleere. Die Bäume,
Häuser und Lichter, die Stadt und das Wasser, die schwere
Frühlingsluft
und
das Entenquaken, ihre Augen, der Mund und ihre Zunge, Sterne und
Mond, alles wirbelte durcheinander und verschwamm wie in einem
schweren Rausch. Als sie endlich den Schlüssel in ein Schloß
steckte und umdrehte, hätte ich unmöglich sagen können, an welchem
Ende der Stadt ich mich befand.
Sie sagte 'Komm', rannte die
Treppen hinauf, schloß in aller Hast die Wohnungstür auf, ließ die
Tasche fallen, stürmte weiter in ihr Zimmer, hatte die Jacke schon
abgestreift, die Bluse aufgeknöpft, den Rock gelöst und
gleichzeitig stiegen wir aus unseren Slips. Endlich konnten wir uns
fallen lassen.
Nachdem
der erste Sturm vorüber war und wir in der windstillen Zone trieben,
leicht und schwer und träge zugleich, uns törichte Worte
zuflüsterten, unsere Hände über die Körper glitten, wurde sie
plötzlich sehr ernst.
Sie stützte sich auf den Ellenbogen,
sah mir in die Augen und streichelte sanft meinen Mund.
"Ich
muß dir eine Geschichte erzählen. Es war ein schlimmes Erlebnis.
Damals wäre ich beinahe irre geworden an meiner Spontaneität.
Richtig verstehen kann ich es heute noch nicht.
Weißt du,
dergleichen wie jetzt, das erlebt man so selten und es ist
phantastisch, wenn man sich nicht täuscht. Ich glaube einfach nicht,
daß man getäuscht wird. Man täuscht sich höchstens selber. Ich
begreife jene Frauen nicht, die sagen, daß sie das nicht könnten,
daß sie einen Mann erst kennenlernen müßten. Da kann
ich nur lachen. Man erkennt sich sofort oder niemals.
Du
weißt ja, schon in der Bibel ist von dem 'Erkennen' die Rede, was so
viel heißt wie 'sie schliefen miteinander'. Ein schönes Wort. Aber
ich muß dann immer daran denken, daß auch ich mich einmal
täuschte.
Ich war in der in der Musikhalle. Die
Brandenburgischen Konzerte wurden gespielt, mit dem Scherbaum, den
ich über alles liebte. Er sah ein bißchen lächerlich aus. Oder
harmlos mit seinem runden Kopf und seinen rosa Bäckchen. Aber wenn
er spielte, bekam er einen ganz anderen Ausdruck. Voller Energie und
er stand da wie ein Riese. Ja, wirklich.
In der Pause lernte
ich einen Typ kennen. Er schaute mich mit einem Blick an, der mir
durch und durch ging. Ich weiß nicht mehr, worüber wir redeten, nur
noch, daß auch er wegen Scherbaum gekommen war. Es läutete und wir
nahmen wieder unsere Plätze ein. Er saß zwei oder drei Reihen vor
mir und schaute kurz her, als ich mich setzte.
Und dann wurde
das 2. Konzert gespielt. Weißt du, es gibt Musik von Bach, wie das
2. Konzert oder einige seiner Fugen, bei der ich fast einen Orgasmus
habe. Als schließlich der Scherbaum die Trompete zu dem wahnsinnigen
Solo hob, da hatte ich wirklich einen Orgasmus. Bestimmt deshalb,
weil mich dieser Kerl ganz verrückt gemacht hatte. Ich mußte mich
ungeheuer beherrschen, um nicht laut hinauszuschreien und zu stöhnen.
Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß es alle Leute um mich herum
bemerkt hatten. Ich schämte mich wahnsinnig und wäre am liebsten
auf und davon gerannt. Wenn ich nur gekonnt hätte.
Aber die
Musik ging weiter und schleuderte mich aus meinem Sitz, bis ich unter
der Decke zu schweben glaubte. Sie drang mir in den Körper bis in
die Brustspitzen und tief in den Schoß - ach, du kannst das nicht
verstehen. Ich mußte mich kneifen und zwicken, damit es mir nicht
noch einmal kam.
Ich bin danach, niemals mehr in ein
öffentliches Bachkonzert gegangen. Ich habe mir meine
Lieblinssplatten gekauft und hörte sie mir zuhause an, wenn ich ganz
allein war.
Irgendwann war das Konzert au Ende und ich war von
meiner Qual erlöst. Wir hatten uns an der Garderobe verabredet. Noch
während wir auf meinen Hantel warteten, küßten wir uns schon. Ich
glühte und dachte, daß er auch merken würde, was passiert war, daß
ich ganz naß war. Aber vielleicht bildete ich mir das nur ein.
Endlich hatte ich meinen Mantel und wir konnten hinaus und tief
durchatmen und dann lagen wir uns in den Armen. Wir liefen an
'Planten un Bloomen' entlang. Er hatte den Arm um mich gelegt und ich
fühlte mich zuhause und geborgen wie nie zuvor. Und ich hatte ein
Glücksgefühl wie nie zuvor. Ich hätte sämtliche Klischees, die
einen automatisch in den Kopf kommen, hinausschreien mögen und
beschwören können, daß sie wahr seien. Man geht wie auf Wolken und
das Herz klopft im Hals und die Sterne zwinkern dir zu und die
Blätter flüstern nur für dich, du bist ganz besoffen vor Glück
und fühlst dich erhaben über alle Menschen, du denkst nicht an
morgen und auch nicht an gestern - aber nichts dergleichen habe ich
gesagt, denn als angehende Germanistin wußte ich, wie lächerlich
das im Jahr des Herrn 1957 geklungen hätte.
Ich hatte die
Musik noch in den Ohren und war fasziniert, daß ein Mann, der fast
300 Jahre tot war, das Lebensgefühl eines Menschen in einer anderen
Zeit, einer anderen Welt, so genau treffen konnte. Ich fühlte mich
stolz und frei, ja befreit von dem Joch der Jahrtausende, niemandem
Rechenschaft schuldig außer mir selber. Es war herrlich.
Unten
am Stephansplabz wollte sich dann der Typ von mir verabschieden. Das
traf mich wie ein kalter Windstoß. Ich hatte ganz selbstverständlich
angenommen, daß wir zu mir gingen oder wohin auch immer. Ich hatte
seinen Atem schon auf meiner nackten Haut gespürt, die Küsse auf
meinem Körper, die Umarmungen und all das. Ich hatte nicht den
geringsten Zweifel gehabt.
Es
stand einfach fest wie ein Naturgesetz. Ich wollte es mit jeder Faser
meines Körpers, bis in meine Haarspitzen, bis in meine grauen
Gehirnzellen hinein. Ich weiß auch nicht. So war es jedenfalls.
Es
hätte mir zu denken geben sollen, daß er gehen wollte. Aber ich
dachte nicht, ich sagte: "Ich möchte mit dir schlafen."
Aber der wollte nicht. Erzählte etwas von einer Frau, in die er
wahnsinnig verliebt wäre. Unglücklich verliebt, weil sie wohl seine
Gefühle nicht erwiderte. Was weiß ich. Ich sagte: "Bitte,
diese eine Nacht nur. Ich muß mit dir schlafen."
Ich
weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hatte. Ich sagte das,
obwohl ich wußte, daß ich schon verloren hatte. Vielleicht nur
deshalb, weil es so weh tat. Ich weiß auch nicht, wie oft ich meine
Bitte wiederholte. Es war jedenfalls alles vergebens. Wir trennten
uns und ich ging nachhause mit brennender Scham. Ja, im doppelten
Sinne.
Du
glaubst gar nicht, wie erniedrigt ich mich fühlte. Obwohl ich mir
immer wieder sagte, daß es nichts mit mir zu tun hatte, sondern mit
dieser anderen Frau, und obwohl ich auch gesehen hatte, wie groß die
Versuchung für ihn gewesen war, und auch seine Trauer hatte ich
bemerkt - es half alles nichts. Ich persönlich hatte eine Niederlage
erlitten. Und ich war zutiefst gekränkt.
Komisch
nicht, dieser Typ. Nun ja, du weißt es ja schon, daß
dieser Typ, daß du das warst.
Ich war wie vom Donner gerührt
als ich dich dort an dem Brett stehen sah. Es wäre schön gewesen,
so dachte ich einen kurzen Augenblick lang, wenn du mich angesehen
und in die Arme genommen hättest. Und 'Endlich!
oder so etwas gesagt hättest. Ach, romantische Träume. Ich merkte
auch gleich, daß du mich gar nicht wiedererkannt hast.
Und
dann habe ich dieses Spiel gespielt. Zuerst wollte ich dir nichts
erzählen, wollte die Geschichte heroisch für mich behalten. Aber
dann dachte ich, daß es für mich und für dich besser wäre, dir
alles zu sagen. Es ist ja auch eine verrückte Geschichte oder nicht?
Du
warst lieb. Aber die Zeit läßt sich nun einmal nicht zurückdrehen.
Es ist sowieso alles zu
spät. Damals wäre es für mich wichtig gewesen. Vielleicht auch für
dich, das weiß ich nicht. Aber es ist gut so. Und nun sei so lieb
und laß mich bitte allein.”
Hamburg,
irgendwann
in den 80-er Jahren