Friedrich Engels (1844)
Der Neoliberalismus ist eine Neuauflage
des Liberalismus alter Prägung a la Adam Smith und
teilt seine Grundannahme: Die Konkurrenz auf dem Markt ist die
Quelle von Harmonie und Fortschritt. Die Wirklichkeit sah immer
schon ganz anders
aus. Die Globalisierung der letzten
Jahrzehnte ist jedoch ganz deutlich eine Verschärfung der
Konkurrenz weltweit. Der Weltmarkt universalisiert das Spektakel
von Angebot und Nachfrage mit allen Folgen und
Nebenwirkungen. Der Gegensatz
zwischen mikroökonomischer und
makroökonomischer Rationalität wird durch die
globalisierte Konkurrenz auf die Spitze getrieben. Einige geniale
Gedankenblitze, gewonnen zur Zeit der ersten Globalisierung, hat
Friedrich Engels (1844) formuliert.
„Die Konkurrenz hat alle unsere Lebensverhältnisse durchdrungen und die gegenseitige Knechtschaft, in der die Menschen sich jetzt halten, vollendet“
Feindselige Interessenwidersprüche
aufgrund der Konkurrenz Kauf und Verkauf: Dieser Handel muß
unter der Herrschaft des Privateigentums, wie jede Tätigkeit,
eine unmittelbare Erwerbsquelle für den Handeltreibenden werden; d.h.
jeder muß
suchen, so teuer wie möglich zu
verkaufen und so billig wie möglich zu kaufen. Bei jedem Kauf und
Verkauf stehen sich also zwei Menschen mit absolut
entgegengesetzten Interessen gegenüber; der Konflikt ist
entschieden feindselig, denn jeder kennt die Intentionen des andern, weiß,
daß sie den seinigen
entgegengesetzt sind. Die erste Folge
ist also auf der einen Seite gegenseitiges Mißtrauen, auf der
andern die Rechtfertigung dieses Mißtrauens, die Anwendung
unsittlicher Mittel zur Durchsetzung eines unsittlichen Zwecks.
So ist z.B. der erste
Grundsatz im Handel die
Verschwiegenheit, Verheimlichung alles dessen, was den Wert des
fraglichen Artikels herabsetzen könnte. Die Konsequenz daraus: Es ist
im Handel erlaubt, von der Unkenntnis, von dem Vertrauen der
Gegenpartei den
möglichst großen Nutzen zu ziehen,
und ebenso, seiner Ware Eigenschaften anzurühmen, die sie
nicht besitzt. Mit einem Worte, der Handel ist der legale
Betrug. Daß die Praxis mit dieser Theorie übereinstimmt, kann mir
jeder Kaufmann, wenn er der Wahrheit die Ehre geben will,
bezeugen….
Nix da Harmonie
…Wir haben gesehen, daß am Ende
alles auf die Konkurrenz hinausläuft, solange das
Privateigentum besteht. Sie ist die Hauptkategorie des Ökonomen, seine
liebste Tochter, die er in einem fort hätschelt und liebkost -
und gebt acht, was für ein
Medusengesicht da herauskommen wird.
Die nächste Folge des Privateigentums war die Spaltung der Produktion in zwei entgegengesetzte Seiten, die natürliche und die menschliche; den Boden, der ohne die Befruchtung des Menschen tot und steril ist, und die menschliche Tätigkeit,
Die nächste Folge des Privateigentums war die Spaltung der Produktion in zwei entgegengesetzte Seiten, die natürliche und die menschliche; den Boden, der ohne die Befruchtung des Menschen tot und steril ist, und die menschliche Tätigkeit,
deren erste Bedingun g eben der Boden
ist. Wir sahen ferner, wie sich die menschliche Tätigkeit
wieder in die Arbeit und das Kapital auflöste und wie diese
Seiten sich wieder feindselig gegenübertraten.
Wir hatten also schon den Kampf der drei Elemente gegeneinander, anstatt der gegenseitigen Unterstützung der drei; jetzt kommt noch dazu, daß das Privateigentum die Zersplitterung jedes dieser Elemente mit sich bringt. Ein
Wir hatten also schon den Kampf der drei Elemente gegeneinander, anstatt der gegenseitigen Unterstützung der drei; jetzt kommt noch dazu, daß das Privateigentum die Zersplitterung jedes dieser Elemente mit sich bringt. Ein
Grundstück steht dem andern, ein
Kapital dem andern, eine Arbeitskraft der andern gegenüber. Mit
andern Worten: Weil das Privateigentum jeden auf seine
eigne rohe Einzelheit isoliert und weil jeder dennoch
dasselbe Interesse hat wie sein Nachbar, so steht ein Grundbesitzer dem
andern, ein Kapitalist dem andern, ein Arbeiter dem andern
feindselig gegenüber. In dieser Verfeindung der gleichen
Interessen eben um ihrer Gleichheit willen ist die
Unsittlichkeit des bisherigen Zustandes
der Menschheit vollendet; und diese
Vollendung ist die Konkurrenz…
Konkurrenz und Monopol
Der Gegensatz der Konkurrenz ist das
Monopol. Das Monopol war das Feldgeschrei der
Merkantilisten, die Konkurrenz der Schlachtruf der liberalen Ökonomen. Es
ist leicht einzusehen, daß dieser Gegensatz wieder ein
durchaus hohler ist. Jeder
Konkurrierende muß wünschen, das
Monopol zu haben, mag er Arbeiter, Kapitalist oder Grundbesitzer
sein. Jede kleinere Gesamtheit von Konkurrenten muß
wünschen, das Monopol für sich gegen alle andern zu haben. Die
Konkurrenz beruht auf dem Interesse, und das Interesse
erzeugt wieder das Monopol; kurz, die Konkurrenz geht in
das Monopol über. Auf der andern Seite kann das Monopol den
Strom der Konkurrenz nicht aufhalten, ja es erzeugt die
Konkurrenz selbst, wie z.B.
ein Einfuhrverbot oder hohe Zölle die
Konkurrenz des Schmuggelns geradezu erzeugen. Der
Widerspruch der Konkurrenz ist ganz derselbe wie der
des Privateigentums selbst. Es liegt im Interesse jedes
einzelnen, alles zu besitzen, aber im Interesse der Gesamtheit, daß
jeder gleich viel besitze.
So ist also das allgemeine und individuelle Interesse diametral entgegengesetzt. Der Widerspruch der Konkurrenz ist, daß jeder sich das Monopol wünschen muß, während die Gesamtheit als solche durch das Monopol verlieren und es also
So ist also das allgemeine und individuelle Interesse diametral entgegengesetzt. Der Widerspruch der Konkurrenz ist, daß jeder sich das Monopol wünschen muß, während die Gesamtheit als solche durch das Monopol verlieren und es also
entfernen muß. Ja, die Konkurrenz
setzt das Monopol schon voraus, nämlich das Monopol des
Eigentums - und hier tritt wieder die Heuchelei der Liberalen an
den Tag - und solange das Monopol des Eigentums besteht,
solange ist das Eigentum
des Monopols gleichberechtigt; denn
auch das einmal gegebene Monopol ist Eigentum. Welche
jämmerliche Halbheit ist es also, die kleinen Monopole anzugreifen
und das Grundmonopol bestehen zu lassen. Und wenn wir hierzu
noch den früher erwähnten Satz des Ökonomen ziehen,
daß nichts Wert hat, was nicht monopolisiert werden kann, daß
also nichts, was nicht diese Monopolisierung zuläßt, in
diesen Kampf der Konkurrenz eintreten kann, so ist unsere
Behauptung, daß die Konkurrenz das Monopol voraussetzt, vollkommen
gerechtfertigt.
Angebot und Nachfrage, bewusstloser
Zustand
Das Gesetz der Konkurrenz ist, daß
Nachfrage und Zufuhr sich stets und ebendeshalb nie ergänzen.
Die beiden Seiten sind wieder auseinander gerissen und in den
schroffen Gegensatz verwandelt. Die Zufuhr ist immer gleich
hinter der Nachfrage,
aber kommt nie dazu, sie genau zu
decken; sie ist entweder zu groß oder zu klein, nie der Nachfrage
entsprechend, weil in diesem bewußtlosen Zustande der
Menschheit kein Mensch weiß, wie groß diese oder jene ist.
Ist die Nachfrage größer
als die Zufuhr, so steigt der Preis, und
dadurch wird die Zufuhr gleichsam irritiert; sowie sie sich im
Markte zeigt, fallen die Preise, und wenn sie größer wird als
jene, so wird der Fall der Preise so bedeutend, daß die Nachfrage
dadurch wieder
aufgereizt wird. So geht es in einem
fort, nie ein gesunder Zustand, sondern eine stete Abwechslung
von Irritation und Erschlaffung, die allen Fortschritt
ausschließt, ein ewiges Schwanken, ohne je zum Ziel zu kommen.
Dies Gesetz mit seiner steten Ausgleichung, wo, was
hier verloren, dort wieder gewonnen wird, findet der Ökonom
wunderschön. Es ist sein Hauptruhm, er kann sich nicht satt
daran sehen und betrachtet es unter allen möglichen und
unmöglichen Verhältnissen. Und doch liegt auf der Hand, daß dies
Gesetz ein reines Naturgesetz, kein Gesetz des Geistes ist. Ein
Gesetz, das die Revolution erzeugt.
Zersplitterte Atome
Der Ökonom kommt mit seiner schönen
Theorie von Nachfrage und Zufuhr heran, beweist euch, daß
»nie zuviel produziert werden kann«, und die Praxis antwortet
mit den Handelskrisen, die so regelmäßig wiederkehren wie
die Kometen und deren wir jetzt durchschnittlich alle
fünf bis sieben Jahre eine haben. Diese Handelskrisen sind seit
achtzig Jahren ebenso regelmäßig gekommen wie früher die
großen Seuchen - und haben mehr Elend, mehr Unsittlichkeit
mit sich gebracht als
diese (vgl. Wade, »Hist[ory] ot the
Middle and Working Classes«, London 1835, p. 211).
Natürlich bestätigen diese Handelsrevolutionen das Gesetz, sie
bestätigen es im
vollsten Maße, aber in einer andern Weise, als
der Ökonom uns glauben machen möchte. Was soll man von einem
Gesetz denken, das sich nur durch periodische Revolutionen
durchsetzen kann? Es ist eben ein Naturgesetz, das auf der
Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruht. Wüßten die
Produzenten als solche, wieviel
die Konsumenten bedürften,
organisierten sie die Produktion, verteilten sie sie unter sich, so wäre
die Schwankung der Konkurrenz und ihre Neigung zur Krisis
unmöglich. Produziert mit Bewußtsein, als Menschen, nicht
als zersplitterte Atome
ohne Gattungsbewußtsein, und ihr seid
über alle diese künstlichen und unhaltbaren Gegensätze hinaus.
Solange ihr aber fortfahrt, auf die jetzige unbewußte, gedankenlose, der Herrschaft des Zufalls überlassene Art zu
produzieren, solange
bleiben die Handelskrisen; und jede
folgende muß universeller, also schlimmer werden als die
vorhergehende, muß eine größere Menge kleiner Kapitalisten
verarmen und die Anzahl der bloß von der Arbeit lebenden
Klasse in steigendem
Verhältnisse vermehren - also die Masse der zu
beschäftigenden Arbeit, das Hauptproblem unserer Ökonomen,
zusehends vergrößern und endlich eine soziale Revolution
herbeiführen, wie sie sich die Schulweisheit der Ökonomen
nicht träumen läßt.
Fairer Handel?
Die ewige Schwankung der Preise, wie
sie durch das Konkurrenzverhältnis geschaffen wird,
entzieht dem Handel vollends die letzte Spur von
Sittlichkeit. Von Wert ist keine Rede mehr; dasselbe System, das auf den
Wert soviel Gewicht zu legen scheint, das der Abstraktion
des Wertes im Gelde die Ehre einer besondern Existenz gibt -
dies selbe System zerstört durch die Konkurrenz allen inhärenten
Wert und verändert das Wertverhältnis aller Dinge
gegeneinander täglich und stündlich.
Wo bleibt in diesem Strudel die Möglichkeit eines auf sittlicher Grundlage beruhenden Austausches? In diesem fortwährenden Auf und Ab muß jeder suchen, den günstigsten Augenblick zum Kauf und Verkauf zu treffen, jeder muß Spekulant werden, d.h. ernten, wo er nicht gesäet hat, durch den Verlust anderer sich bereichern, auf das Unglück andrer kalkulieren oder den Zufall für sich gewinnen
Wo bleibt in diesem Strudel die Möglichkeit eines auf sittlicher Grundlage beruhenden Austausches? In diesem fortwährenden Auf und Ab muß jeder suchen, den günstigsten Augenblick zum Kauf und Verkauf zu treffen, jeder muß Spekulant werden, d.h. ernten, wo er nicht gesäet hat, durch den Verlust anderer sich bereichern, auf das Unglück andrer kalkulieren oder den Zufall für sich gewinnen
lassen. Der Spekulant rechnet immer auf
Unglücksfälle, besonders auf Mißernten, er benutzt
alles, wie z.B. seinerzeit den Brand von New York, und der
Kulminationspunkt der Unsittlichkeit ist die
Börsenspekulation in Fonds, wodurch
die Geschichte und in ihr die Menschheit
zum Mittel herabgesetzt wird, um die Habgier des
kalkulierenden oder hasardierenden Spekulanten zu
befriedigen. Und möge sich der ehrliche, »solide« Kaufmann nicht
pharisäisch über das Börsenspiel erheben - ich danke dir
Gott usw. Er ist so schlimm wie die Fondsspekulanten, er spekuliert
ebensosehr wie sie, er muß es, die Konkurrenz zwingt ihn
dazu, und sein Handel impliziert also dieselbe Unsittlichkeit
wie der ihrige.
Fieberhitze
Der Kampf von Kapital gegen Kapital,
Arbeit gegen Arbeit, Boden gegen Boden treibt die Produktion
in eine Fieberhitze hinein, in der sie alle natürlichen
und vernünftigen Verhältnisse auf den Kopf stellt. Kein Kapital kann
die Konkurrenz des
andern aushalten, wenn es nicht auf die
höchste Stufe der Tätigkeit gebracht wird. Kein Grundstück kann
mit Nutzen bebaut werden, wenn es nicht seine Produktionskraft stets steigert.
Kein Arbeiter kann sich gegen seine Konkurrenten halten, wenn er nicht seine ganzen Kräfte der Arbeit widmet. Überhaupt keiner, der sich in den Kampf der Konkurrenz einläßt, kann ihn ohne die höchste Anstrengung seiner Kräfte, ohne
Kein Arbeiter kann sich gegen seine Konkurrenten halten, wenn er nicht seine ganzen Kräfte der Arbeit widmet. Überhaupt keiner, der sich in den Kampf der Konkurrenz einläßt, kann ihn ohne die höchste Anstrengung seiner Kräfte, ohne
die Aufgebung aller wahrhaft
menschlichen Zwecke aushalten.
Die Folge von dieser Überspannung auf der einen Seite ist notwendig Erschlaffung auf der andern. Wenn die Schwankung der Konkurrenz gering ist, wenn Nachfrage und Zufuhr, Konsumtion und Produktion sich beinahe gleich sind, so muß in der Entwicklung der Produktion eine Stufe eintreten, in der so viel überzählige Produktionskraft vorhanden ist, daß die große Masse der Nation nichts zu leben hat; daß die Leute vor lauter Überfluß verhungern. In dieser wahnsinnigen Stellung,
Die Folge von dieser Überspannung auf der einen Seite ist notwendig Erschlaffung auf der andern. Wenn die Schwankung der Konkurrenz gering ist, wenn Nachfrage und Zufuhr, Konsumtion und Produktion sich beinahe gleich sind, so muß in der Entwicklung der Produktion eine Stufe eintreten, in der so viel überzählige Produktionskraft vorhanden ist, daß die große Masse der Nation nichts zu leben hat; daß die Leute vor lauter Überfluß verhungern. In dieser wahnsinnigen Stellung,
in dieser lebendigen Absurdität
befindet sich England schon seit geraumer Zeit. Schwankt die
Produktion stärker, wie sie es infolge eines solchen Zustandes
notwendig tut, so tritt die Abwechslung von Blüte und Krisis,
Überproduktion und
Stockung ein.
Die der Menschheit zu Gebote stehende Produktionskraft ist unermeßlich. Die Ertragsfähigkeit des Bodens ist durch die Anwendung von Kapital, Arbeit und Wissenschaft ins Unendliche zu steigern. Das »übervölkerte« Großbritannien kann nach der Berechnung der tüchtigsten Ökonomen und Statistiker (vgl. Alisons »Principle of population«, Bd. 1, Cap. 1 et 2) in zehn Jahren dahin gebracht werden, daß es Korn genug für das Sechsfache seiner jetzigen Bevölkerung produziert. Das Kapital steigert sich täglich; die Arbeitskraft wächst mit der Bevölkerung, und die Wissenschaft unterwirft den Menschen die Naturkraft täglich mehr und mehr. Diese
Die der Menschheit zu Gebote stehende Produktionskraft ist unermeßlich. Die Ertragsfähigkeit des Bodens ist durch die Anwendung von Kapital, Arbeit und Wissenschaft ins Unendliche zu steigern. Das »übervölkerte« Großbritannien kann nach der Berechnung der tüchtigsten Ökonomen und Statistiker (vgl. Alisons »Principle of population«, Bd. 1, Cap. 1 et 2) in zehn Jahren dahin gebracht werden, daß es Korn genug für das Sechsfache seiner jetzigen Bevölkerung produziert. Das Kapital steigert sich täglich; die Arbeitskraft wächst mit der Bevölkerung, und die Wissenschaft unterwirft den Menschen die Naturkraft täglich mehr und mehr. Diese
unermeßliche Produktionsfähigkeit,
mit Bewußtsein und im Interesse aller gehandhabt, würde die
der Menschheit zufallende Arbeit bald auf ein Minimum
verringern; der Konkurrenz überlassen, tut sie
dasselbe, aber innerhalb des
Gegensatzes. Ein Teil des Landes wird
aufs beste kultiviert, während ein andrer - in Großbritannien
und Irland 30 Millionen Acres gutes Land - wüst daliegt. Ein
Teil des Kapitals zirkuliert mit ungeheurer Schnelligkeit, ein
andrer liegt tot im Kasten.
Ein Teil der Arbeiter arbeitet vierzehn, sechzehn Stunden des Tages, während ein anderer faul und untätig dasteht und verhungert. Oder die Verteilung tritt aus dieser Gleichzeitigkeit heraus: Heute geht der Handel gut, die Nachfrage ist sehr
Ein Teil der Arbeiter arbeitet vierzehn, sechzehn Stunden des Tages, während ein anderer faul und untätig dasteht und verhungert. Oder die Verteilung tritt aus dieser Gleichzeitigkeit heraus: Heute geht der Handel gut, die Nachfrage ist sehr
bedeutend, da arbeitet alles, das
Kapital wird mit wunderbarer Schnelligkeit umgeschlagen, der
Ackerbau blüht, die Arbeiter arbeiten sich krank - morgen tritt eine
Stockung ein, der Ackerbau lohnt nicht der Mühe, ganze
Strecken Landes bleiben unbebaut, das Kapital erstarrt mitten
im Flusse, die Arbeiter haben keine Beschäftigung, und das
ganze Land laboriert an überflüssigem Reichtum und
überflüssiger Bevölkerung.
Gegenseitige Knechtschaft
Die Konkurrenz hat alle unsre
Lebensverhältnisse durchdrungen und die gegenseitige Knechtschaft, in
der die Menschen sich jetzt halten, vollendet. Die
Konkurrenz ist die große Triebfeder, die unsre alt und schlaff
werdende soziale
Ordnung, oder vielmehr Unordnung, immer wieder
zur Tätigkeit aufstachelt, aber bei jeder neuen
Anstrengung auch einen Teil der sinkenden Kräfte verzehrt. Die
Konkurrenz beherrscht den numerischen Fortschritt der Menschheit,
sie beherrscht auch ihren sittlichen. Wer mit der Statistik
des Verbrechens sich etwas bekannt gemacht hat, dem muß die
eigentümliche Regelmäßigkeit aufgefallen sein, mit
der das Verbrechen alljährlich fortschreitet, mit der
gewisse Ursachen gewisse Verbrechen erzeugen. (…) Mir kommt es
hier bloß darauf an, die Ausdehnung der Konkurrenz auch auf
das moralische Gebiet nachzuweisen und zu zeigen, zu
welcher tiefen Degradation das Privateigentum den
Menschen gebracht hat.
Wissenschaft gegen die Arbeit
In dem Kampfe von Kapital und Boden
gegen die Arbeit haben die beiden ersten Elemente noch einen
besonderen Vorteil vor der Arbeit voraus - die Hülfe der
Wissenschaft, denn auch diese ist unter den jetzigen
Verhältnissen gegen die Arbeit
gerichtet.... Die letzte große
Erfindung in der Baumwollspinnerei, die Selfacting Mule, wurde ganz allein
durch die Frage nach Arbeit und den steigenden Lohn
veranlaßt - sie verdoppelte die Maschinenarbeit und beschränkte
dadurch die Handarbeit auf die Hälfte, warf die Hälfte der
Arbeiter außer Beschäftigung
und drückte dadurch den Lohn der
andern auf die Hälfte herab; sie vernichtete eine
Verschwörung der Arbeiter gegen die Fabrikanten und zerstörte
den letzten Rest von Kraft, mit dem die Arbeit noch den ungleichen
Kampf gegen das Kapital ausgehalten hatte (vgl. Dr.
Ure, »Philosophy of Manufactures «,Bd. 2). Der Ökonom sagt nun zwar,
daß im Endresultate die Maschinerie günstig für die
Arbeiter sei, indem sie die Produktion billiger mache und dadurch
einen neuen größeren
Markt für ihre Produkte schaffe und so
zuletzt die außer Arbeit gesetzten Arbeiter doch wieder
beschäftige. Ganz richtig; aber vergißt der Ökonom denn hier, daß
die Erzeugung der Arbeitskraft durch die Konkurrenz reguliert wird,
daß die Arbeitskraft stets auf die Mittel der Beschäftigung
drückt, daß also, wenn diese Vorteile eintreten sollen,
bereits wieder eine Überzahl von Konkurrenten für Arbeit darauf
wartet und dadurch diesen Vorteil illusorisch machen wird,
während der
Nachteil, die plötzliche Wegnahme der
Subsistenzmittel für die eine und der Fall des Lohns für die andere
Hälfte der Arbeiter, nicht illusorisch ist? Vergißt der Ökonom,
daß der Fortschritt der Erfindung nie stockt, daß also dieser
Nachteil sich verewigt?
Vergißt er, daß bei der durch unsere
Zivilisation so unendlich gesteigerten Teilung der Arbeit ein
Arbeiter nur dann leben kann, wenn er an dieser bestimmten
Maschine für diese bestimmte kleinliche Arbeit verwendet
werden kann? daß der
Übergang von einer Beschäftigung zu
einer andern, neuern, für den erwachsenen Arbeiter fast immer
eine entschiedene Unmöglichkeit ist?...
Soziale Polarisierung durch Konkurrenz
(...) Die Konkurrenz setzt also Kapital
gegen Kapital, Arbeit gegen Arbeit, Grundbesitz gegen
Grundbesitz, und ebenso jedes dieser Elemente gegen die beiden
andern. Im Kampf siegt der Stärkere, und wir werden, um das
Resultat dieses Kampfes vorauszusagen, die Stärke der
Kämpfenden zu untersuchen haben. Zuerst sind Grundbesitzer und
Kapital jedes stärker als die Arbeit, denn der Arbeiter muß
arbeiten, um zu leben, während der Grundbesitzer von seinen
Renten und der
Kapitalist von seinen Zinsen, im
Notfalle von seinem Kapital oder dem kapitalisierten
Grundbesitz leben kann.
Die Folge davon ist, daß der Arbeit nur das Allernotdürftigste, die nackten Subsistenzmittel zufallen, während der größte Teil der Produkte sich zwischen dem Kapital und dem Grundbesitz verteilt. Der stärkere Arbeiter treibt ferner den
Die Folge davon ist, daß der Arbeit nur das Allernotdürftigste, die nackten Subsistenzmittel zufallen, während der größte Teil der Produkte sich zwischen dem Kapital und dem Grundbesitz verteilt. Der stärkere Arbeiter treibt ferner den
schwächeren, das größere Kapital das geringere,
der größere Grundbesitz den
kleinen aus dem Markt. Die Praxis
bestätigt diesen Schluß.
Die Vorteile, die der größere Fabrikant und Kaufmann über den kleinen, der große Grundbesitzer über den Besitzer eines einzigen Morgens hat, sind bekannt. Die Folge hiervon ist, daß schon unter gewöhnlichen Verhältnissen das große Kapital und der große Grundbesitz das kleine Kapital und den kleinen Grundbesitz nach dem Recht des Stärkeren verschlingen - die Zentralisation des Besitzes, in Handels- und
Die Vorteile, die der größere Fabrikant und Kaufmann über den kleinen, der große Grundbesitzer über den Besitzer eines einzigen Morgens hat, sind bekannt. Die Folge hiervon ist, daß schon unter gewöhnlichen Verhältnissen das große Kapital und der große Grundbesitz das kleine Kapital und den kleinen Grundbesitz nach dem Recht des Stärkeren verschlingen - die Zentralisation des Besitzes, in Handels- und
Agrikulturkrisen geht diese Zentralisation viel rascher
vor sich. - Großer Besitz
vermehrt sich überhaupt viel rascher
als kleiner, weil von dem Ertrag ein viel geringerer Teil als
Ausgaben des Besitzes in Abzug kommt. Diese Zentralisation des
Besitzes ist ein dem Privateigentum ebenso immanentes Gesetz
wie alle andern; die
Mittelklassen müssen immer mehr
verschwinden, bis die Welt in Millionäre und Paupers, in große
Grundbesitzer und arme Taglöhner geteilt ist. Alle Gesetze,
alle Teilung des Grundbesitzes, alle etwaige
Zersplitterung des Kapitals hilft nichts - dies Resultat muß kommen und
wird kommen, wenn nicht eine totale Umgestaltung der
sozialen Verhältnisse, eine Verschmelzung der
entgegengesetzten Interessen, eine
Aufhebung des Privateigentums ihm
zuvorkommt.
Alternative
Die Wahrheit des
Konkurrenzverhältnisses ist das Verhältnis der Konsumtionskraft zur
Produktionskraft. In einem der Menschheit würdigen Zustande wird es
keine andre Konkurrenz als diese geben. Die Gemeinde wird zu
berechnen haben,
was sie mit den ihr zu Gebote stehenden
Mitteln erzeugen kann, und nach dem Verhältnis dieser
Produktionskraft zur Masse der Konsumenten bestimmen, inwieweit sie
die Produktion zu steigern oder nachzulassen, inwieweit
sie dem Luxus nachzugeben oder ihn zu beschränken hat. Um aber
über dies Verhältnis
und die von einem vernünftigen
Zustande der Gemeinde zu erwartende Steigerung der
Produktionskraft richtig zu urteilen, mögen meine Leser die Schriften der
englischen Sozialisten und zum Teil auch Fouriers vergleichen.
Die subjektive
Konkurrenz, der Wettstreit von Kapital gegen
Kapital, Arbeit gegen Arbeit usw., wird sich unter diesen
Umständen auf den in der menschlichen Natur begründeten und bis
jetzt nur von Fourier erträglich entwickelten Wetteifer
reduzieren, der nach der Aufhebung der entgegengesetzten
Interessen auf seine eigentümliche und vernünftige Sphäre beschränkt
wird.
[Auszüge aus: Engels: Umrisse zu einer
Kritik der
Nationalökonomie, Marx-Engels Werke
Berlin, Bd. 1, S. 511
ff.)]
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